Eigentlich sollte man meinen, dass es selbstverständlich ist, seinen Arbeitsplatz wieder genau so gesund zu verlassen, wie man ihn aufgesucht hat. Ist es aber nicht. Von blauen Flecken über Platzwunden oder Angst bis hin zu psychischen Leiden - immer mehr Beschäftigte im Öffentlichen Dienst werden während der Arbeit verbal und körperlich verletzt. Das hinterlässt Spuren. Doch es gibt viele Gesetze, die dich als Person schützen und das erst recht während deiner Arbeitszeit.
Darauf kannst du dich berufen:
Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.
Artikel 2, Absatz 2 des Grundgesetzes
Der Dienstberechtigte hat Räume, Vorrichtungen oder Gerätschaften, die er zur Verrichtung der Dienste zu beschaffen hat, so einzurichten und zu unterhalten und Dienstleistungen, die unter seiner Anordnung oder seiner Leitung vorzunehmen sind, so zu regeln, dass der Verpflichtete gegen Gefahr für Leben und Gesundheit soweit geschützt ist, als die Natur der Dienstleistung es gestattet.
BGB § 618, 1
Erfüllt der Dienstberechtigte die ihm in Ansehung des Lebens und der Gesundheit des Verpflichteten obliegenden Verpflichtungen nicht, so finden auf seine Verpflichtung zum Schadensersatz die für unerlaubte Handlungen geltenden Vorschriften der §§ 842 bis 846 entsprechende Anwendung.
BGB § 618, 3
Die Normen des Arbeitsrechts konkretisieren das BGB. So zum Beispiel Paragraph 5 des Arbeitsschutzgesetzes. Laut diesem hat der Arbeitgeber eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundene Gefährdung zu ermitteln. Stellt er Probleme fest, muss er Maßnahmen ergreifen, die den Arbeitnehmer schützen. Dazu gehört zum Beispiel die Anschaffung von Schutzkleidung.
Auch wenn es in der Behörde keine einheitlichen Erfassungssysteme gibt, dokumentiere den Fall: Schreibe mit Datum und Uhrzeit auf, was genau geschehen ist. Wer war beteiligt? Wie ist es zu der Situation gekommen? Was genau ist dann geschehen? Stelle eine Unfallanzeige (bei Handgreiflichkeiten, körperlicher Gewalt, Nötigung oder Bedrohung).
Melde den Vorfall innerbetrieblich und setze die Rettungskette in Gang, die in allen Behörden und an allen Arbeitsplätzen existieren und auch bekannt sein sollte.
Fordere deinen Arbeitgeber auf, Strafanzeige zu erstatten. Auch Nötigungen wie „Ich weiß wo du wohnst!“ oder „Man kennt sich ja.“ solltest Du über den Arbeitgeber zur Anzeige bringen.
Bitte den Arbeitgeber im Sinne der Fürsorgepflicht zu klären, zu welcher Gefahrenstufe der vorliegende Angriff zählt und entsprechend darauf zu reagieren. Helfen kann dabei das „Aachener Modell“.
Beispiel: Wusstest du, dass bei Nötigungen wie „Ich weiß ja, wo du wohnst“ Gefahrenstufe 2 gilt und dann deine Sicherheit von Profis sicherzustellen ist?
Rufe die Polizei (bei Handgreiflichkeiten, körperliche Gewalt, Nötigung oder Bedrohung) und fordere medizinische Hilfe an, wenn sie notwendig ist.
Besprich mit deinem Vorgesetzten, ob ein Hausverbot für den Angereifer ausgesprochen werden sollte. Du kannst dir hier Unterstützung durch den Personalrat holen.
Fordere wenn nötig psychologische Betreuung ein. Es kann ungemein erleichternd sein, nach einem solchen Erlebnis mit jemand anderem darüber zu sprechen. Traumatische Erlebnisse können ohne solche Begleitung später zu ernsten psychischen Folgen wie einer Posttraumatischen Belastungsstörung führen. Um eine solche Stressreaktion abzufangen, kann es sinnvoll sein, einen Psychologen mit ins Boot zu holen.
Überlege gemeinsam mit dem Arbeitgeber und ggf. dem Personalrat, welche externe Hilfe eingeholt werden kann. Das kann beispielsweise eine Beratung über die Unfallkasse NRW oder Schulungen in Deeskalation sein, die dir helfen, dich nach einem solchen Vorfall wieder sicherer zu fühlen. Auch private Sicherheitsdienste, die Polizei oder Opferschutz können hilfreich sein.
Die Rechtsberatung und der Rechtsschutz, die du über deine Mitgliedschaft in der Gewerkschaft hast, können dir helfen, wenn es beim Geltendmachen von Schadensersatzforderungen oder Schmerzensgeld Probleme gibt.
Um Gewalt und Aggression abfangen zu können, ist es wichtig zu wissen, wodurch sie entsteht. Schulungen können diese Kenntnisse sowie Informationen über deeskalierende Maßnahmen vermitteln. Frage beim Arbeitgeber nach solchen Schulungen oder stoße sie über den Personalrat an.
Lass keine Materialien und Utensilien offen auf deinem Arbeitsplatz liegen! Sie können zur Waffe gegen dich werden. Dazu gehören zum Beispiel Tacker, Brieföffner, Schere und Locher. Leg sie nach der Benutzung in einen Schrank oder schließe sie im Schreibtisch weg.
Achte darauf, dass dein Sitzplatz der Tür am nächsten ist, damit du im Notfall den Fluchtweg schnell erreichen kannst. Sorge dafür, dass der Weg zum Fluchtweg stets frei von Hindernissen ist.
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