Podiumsdiskussion mit Werner Lohn, CDU
07.07.2016 | Im Gespräch

„Nach zehn Beleidigungen fliegt der Locher“

Ein Aushängeschild, mit dem man neue Leute für den Öffentlichen Dienst gewinnen kann, ist das ganz und gar nicht, was die Beschäftigten in den Ämtern und Behörden teilweise erleben. Der CDU-Landtagsabgeordnete Werner Lohn kennt es noch aus seiner eigenen Zeit als Kriminalhauptkommissar wie es ist, grundlos angegriffen zu werden.

 

Vor mehr als zwölf Jahren hat Werner Lohn, Sprecher im Haushalts- und Finanzausschusses der CDU im NRW-Landtag, seine Polizeiuniform gegen das Sakko getauscht. Doch der heutige Landespolitiker verfolgt noch immer intensiv, was die Kolleginnen und Kollegen bei ihrer Arbeit erleben müssen.

 

„Ich war Leiter einer Ausbildungseinheit. Im Vergleich zur Situation damals nimmt die Zahl an Gewaltausbrüchen zu. Vor 20 Jahren war das noch kein Thema. Heute hingegen werden nicht nur Polizisten angegriffen, sondern auch Rettungskräfte und Sanitäter“, mit diesen Worten zeichnet er bei einer Podiumsdiskussion der dbb jugend nrw zum Thema Gewalt gegen Beschäftigte im Öffentlichen Dienst ein wahrlich schockierendes Bild von der aktuellen Lage.

 

Uniformträger werden als Vertreter des Staates angegriffen

 

Konsterniert nimmt er zur Kenntnis, dass es vor allem Uniformträger sind, die als Vertreter des Staates angegriffen werden. Die Einstellung der Menschen zu den Staatsdienern habe sich grundlegend gewandelt. Statt ihnen mit Respekt und Anerkennung zu begegnen, würden sie zunehmend attackiert. „Und was macht die Politik?“, so lautete die berechtigte Frage, die Frank Meyers, stellvertretender Vorsitzender der dbb jugend nrw, dazu dem Plenum stellte. Lohn wusste sie zu beantworten: „Im Jahr 2015 hat die CDU Nordrhein-Westfalen eine landesweite Initiative aufgelegt mit dem Titel: ‚Respekt & Anerkennung für unsere Polizei‘.“ Das sei in Reaktion auf die Tatsache angestoßen worden, dass alle 60 Minuten ein Polizist gewaltsam angegriffen wird, wie eine Untersuchung im Jahr 2014 ergeben habe.

 

Welche Forderungen kann man daraus ziehen? „Wir brauchen ein höheres Strafmaß und eine bessere Sozialisierung der Gewalttäter“, meint Lohn. Daneben seien aber auch weitere Maßnahmen erforderlich. „Wir benötigen valide Zahlen. Zudem ist es nötig, auch Beleidigungen mit in die Strafstatistik aufzunehmen und diese Statistik in alle Bereiche des Öffentlichen Dienstes zu erweitern“, sagt Lohn weiter. „Von der politischen Führung angefangen bis hin zur Führung in den Behörden muss übergreifend zusammengearbeitet werden. Wir dürfen uns nicht zurücklehnen und darauf hoffen, dass sich das alles von selbst erledigt. Auch Politiker in höchster Ebene sind täglich gefragt, das Problem zu benennen und darauf aufmerksam zu machen“, plädiert Lohn für eine breitere Darstellung und Auseinandersetzung mit dem Thema Gewalt gegen Beschäftigte im Öffentlichen Dienst.

 

Vorgesetzte, die Übergriffe herunterspielen, sind auf dem Holzweg

 

Wenn ein Vorgesetzter versuche, negative Nachrichten herunterzuspielen, dann sei das der falsche Ansatz. Er sei schockiert gewesen von den Ergebnissen, die eine Untersuchung der Hochschule Darmstadt im Jahr 2012 zu Tage befördert habe: „100 Prozent der Beschäftigten im Öffentlichen Dienst sehen sich Konflikten ausgesetzt. Allein 24 Prozent berichten von Bedrohungen, zehn Prozent von körperlicher Gewalt“, zitiert Lohn das Ergebnis. Seiner Meinung nach müsse man darum vor allem sensible Bereiche wie zum Beispiel Ausländer- und Sozialämter im Auge haben.

 

Risikoreiche Arbeitsplätze identifizieren und Mitarbeiter schulen

 

Solch risikoreiche Arbeitsplätze müssten identifiziert werden, um konkrete Konzepte zu entwickeln, wie man dort auf Übergriffe reagieren wolle. „Mitarbeiter müssen in deeskalierenden Fähigkeiten geschult werden. Behördenbesuche werden von vielen rechtschaffenden Bürgern getätigt, die auch bereit sind, ein Verhalten an den Tag zu legen, das angemessen ist“, sagt Lohn. Alles andere könne man nicht dulden. Es sei eine Frage der Erziehung, dem entgegen zu wirken, aber auch eine Frage der Bekämpfung solcher Übergriffe. „Wenn man zehn Mal beleidigt wurde und der Täter nicht in seine Schranken verwiesen wird, dann fliegt beim nächsten Mal der Locher“, moniert er. Das dürfe nicht sein.

 

Um der Eskalation von Gewalt etwas entgegen zu setzen, hat die dbb jugend nrw eine große Öffentlichkeitskampagne gestartet und auf www.angegriffen.info die erste Meldeplattform für Übergriffe auf Beschäftigte im Öffentlichen Dienst ins Leben gerufen.

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