Land springt ein, wenn Täter Schmerzensgeld nicht zahlen
12.12.2016 | Mit im Boot

Schmerzensgeldübernahme für Polizisten durch das Land NRW geplant

Polizisten: Oft werden sie zum Prügelknaben für Wutbürger. Setzen sie sich gegen seelische und körperliche Verletzung vor Gericht zur Wehr, bekommen sie zwar manchmal Schmerzensgeld zugesprochen, gehen aber am Ende trotzdem leer aus. Das soll sich jetzt ändern.

 

Jannik Doktorowski kennt viele Schockmomente: Bei Einsätzen in der Hundertschaft erleben er und seine Kollegen extremste Gewalt: „Streifenwagen, in denen Kollegen sitzen, werden angezündet, Straßensperren explodieren, wenn man versucht, sie zu entfernen, Messer werde gegen uns gezückt oder gar Macheten“, sagt Jannik.

 

Auch wenn keine Waffen, sondern Worte zum Einsatz kommen und Polizisten im Einsatz runtergemacht, bedroht und beschimpft werden, stellt sich die Frage: Muss man das alles aushalten? Vieles davon geht über die persönliche Grenze hinaus. Manchmal ist das Grund für die Vertreter des Staates, Anzeige gegen ihre Angreifer zu erstatten. Doch das endet bislang oft mehr als frustrierend: Auch wenn den betroffenen Polizisten richterlich ein Schmerzensgeld zugesprochen wird, gucken sie meistens in die Röhre. „Häufig bekommen wir nicht nur kein Schmerzensgeld, sondern bleiben auch noch auf den Prozesskosten sitzen“, sagt Jannik. Der Grund: „Bei den Angreifern ist oft nichts zu holen.“ Dieses Problem kennen auch Behördenmitarbeiter aus anderen Bereichen.

 

Jetzt könnte sich an dieser Schieflage für sie alle etwas ändern, denn nachdem die dbb jugend nrw das Thema Gewalt gegen Beschäftigte im Öffentlichen Dienst in der Kampagne auf angegriffen.info aufgegriffen hat und auch viele Fachgewerkschaften Druck gemacht haben, kündigte Ministerpräsidentin Hannelore Kraft an, Übergriffe und Pöbeleien nicht nur deutlich strafverschärfend zu ahnden, sondern als Land NRW künftig finanziell einzuspringen und in Vorleistung zu gehen, wenn es um Schmerzensgeldansprüche geht.

 

„Wer im Einsatz für unser Gemeinwesen – also im Einsatz für uns alle – zu Schaden kommt, verdient unseren ganz besonderen Schutz“, sagt sie anlässlich der Woche des Respekts, mit der die Landesregierung für einen besseren Umgang miteinander warb.

 

„Grundsätzlich begrüßen wir das“, sagt Sabrina Deiter, die die Arbeitsgruppe „Sicherheit“ der dbb jugend nrw leitet und selbst Polizistin ist. Sie hätte sich ein solches Signal allerdings frühzeitiger gewünscht. Denn bekannt sei diese Schieflage schon lange. „Es gibt so viele verletzte Kollegen, die davon nun nichts mehr haben“, stellt sie klar und schließt an: „Wir wünschen uns, dass es nicht bei der Ankündigung bleibt.“ Auch über die genauen Details ist derzeit noch wenig bekannt. Wird es lediglich um die Übernahme von Schmerzensgeldansprüchen gehen oder auch die von Prozesskosten, die Angreifer nicht bezahlen können? Auch weiß man bislang noch nichts über die maximale Höhe möglicher Schmerzensgeldübernahme durch das Land. Immerhin: Ein Anfang ist gemacht.

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