"Sicher im Dienst" will praxisnahe Hilfe in Sachen Sicherheit liefern
24.01.2023 | Mit im Boot

„Sicher im Dienst“ will praxisnahe Hilfe in Sachen Sicherheit liefern

Die tödliche Messerattacke auf eine Lehrerin ist gerade erst passiert. Sie richtet erneut den Scheinwerfer auf das Problem der steigenden Zahl an Beschimpfungen, Gewalt und im Extrem sogar tödlicher Übergriffe auf Beschäftigte im Öffentlichen Dienst. Vor fast sieben Jahren startete die dbb jugend nrw darum die Kampagne „Gefahrenzone Öffentlicher Dienst“. Seit einem Jahr steht dieser durch die NRW-Initiative „Sicher im Dienst“ ein Netzwerk zur Seite. Wie das die Situation entschärfen kann.

 

In Verwaltungen, Schulen und auch im Einsatzdienst sind Beschäftigte im Öffentlichen Dienst einer wachsenden Zahl an Angriffen ausgesetzt. Vor mehr als sieben Jahren berichteten die Mitglieder der Deutschen Beamtenbund-Jugend NRW (dbb jugend nrw) über vermehrte Angriffe und Bedrohungssituationen bei der Arbeit und gaben so den Ausschlag dafür, im April 2016 die Kampagne „Gefahrenzone öffentlicher Dienst“ auf den Weg zu bringen. Und das mit gleich mehreren Zielen: die Öffentlichkeit über die Situation zu informieren, die Politik auf das Problem aufmerksam zu machen und gegenzusteuern sowie die Arbeitgeber zu sensibilisieren und geeignete Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten auf den Weg zu bringen.

 

Gute Erfahrungen weitergeben

 

Verstärkung findet die Arbeit des gewerkschaftlichen Dachverbandes seit einem Jahr durch die von NRW-Innenminister Herbert Reul ins Leben gerufenen Initiative „Mehr Schutz und Sicherheit von Beschäftigten im öffentlichen Dienst“. Deren Aufgabe: der Aufbau eines Präventionsnetzwerks, in dem auf Grundlage aktueller Forschungsergebnisse und Handlungsempfehlungen der praktische Austausch groß geschrieben werden soll.

 

Gleich von Beginn mit dabei: die Vorsitzende der dbb jugend nrw Susanne Aumann und ihre Stellvertreterin Nicole Schorn. Beide arbeiten inzwischen in der rund 25-köpfigen Koordinierungsgruppe mit. „Wir sehen eine perfekte Ergänzung in der Arbeit, die durch #sicherimDienst geleistet wird. Denn die dbb jugend nrw hat durch ihre Kampagnenarbeit ‚Gefahrenzone Öffentlicher Dienst‘ eine große Interaktionsplattform und viel Aufmerksamkeit geschaffen. Dort bündeln wir unter anderem Erfahrungen und Informationen für unsere eigenen Mitglieder, aber auch Forderungen an die Verantwortlichen. Durch das Präventionsnetzwerk #sicherimDienst können wir dieses Wissen und auch unsere konkreten Vorschläge zur weiteren Verbesserung der Situation für die Beschäftigten in ein noch breiteres Netzwerk streuen“, betont Aumann.

 

900 Mitglieder steuern ihr Wissen bei

 

„Inzwischen gehören dem Netzwerk mehr als 900 Mitglieder an“, sagt Schorn. Das ist kein Zufall, denn gleich nachdem Innenminister Reul die Initiative der Landesregierung vorgestellt hat, ging es ab Anfang 2022 mit Hochdruck los. „Wichtig war von Anfang an, das Rad nicht überall neu zu erfinden, sondern stattdessen von den Erfahrungen anderer Stellen und Arbeitsbereiche zu profitieren“, resümiert Schorn.

 

Nach dem rasanten Ausbau des Netzwerkes, der mit dem Beitritt des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe begann und sich unter anderem durch die Beitritte der Gewerkschaften und kommunalen Spitzenverbände ergänzte, nimmt nun – nicht einmal ein Jahr nach dem Startschuss – die praktische Vernetzung der Arbeit zunehmend mehr Raum ein.

 

„Blauer Brief“ rüttelt Täter wach

 

Ein Beispiel dafür, was das konkret bedeutet, nennt Nicole Schorn: „In Wuppertal werden Bürger, die beim Besuch der Verwaltung durch unangemessenes Verhalten auffallen, mit blauen Briefen verwarnt.“ Diese Idee übernehmen nun auch andere Kommunen. Die Stadt Wuppertal hat einen entsprechenden Musterbrief im internen Netzwerk zur Verfügung stellt, auf das alle Beschäftigten der Stadt Zugriff haben.

 

In Köln ist man aufgrund jahrelanger Vorarbeit bereits einen Schritt weiter. Dort gibt es – veranlasst durch ein tödliches Attentat auf einen Mitarbeiter der Stadtkämmerei im Dezember 2019 – ein zentrales Melde- und Auskunftssystem (ZeMAG), in dem Übergriffe nicht nur erfasst, sondern intern auch weiterbearbeitet werden können. So können berechtigte Ämter und Mitarbeitende der Stadtverwaltung über dieses Meldesystem Informationen zu innerhalb der Behörden auffällig gewordenen gefährlichen Personen abfragen. Parallel zur zeitlich befristeten Erfassung in ZeMAG wird den entsprechenden Personen ebenfalls auf dem Postweg mitgeteilt, dass sie aufgrund ihres Übergriffs in der Datenbank erfasst sind. Dieses System geht also über den „Blauen Brief“, den die Wuppertaler Verwaltung nutzt, hinaus.

 

Vorteil des Wuppertaler Musterbriefs: Auch Kommunen, die noch nicht so weit wie die Kölner sind, können trotzdem sofort etwas tun und Zeichen setzen. „Wir haben in Wuppertal mit den Blauen Briefen gute Erfahrungen gemacht. Manche Bürger reflektieren ihr Fehlverhalten nach Erhalt der Briefe. Wir erleben, dass sogar einige dann bei den betroffenen Beschäftigten anrufen und sich entschuldigen“, erklärt Schorn.

 

Pläne für die Zukunft

 

„Durch den praxisnahen Austausch können alle angemeldeten Netzwerker voneinander lernen“, sagt Aumann. Diese Option soll in der Zukunft ausgeweitet werden. Dann nämlich soll es auch persönliche Netzwerktreffen geben. Derzeit informieren sich die Mitglieder des Netzwerks über die Plattform „nrw-connect“, über Social Media, E-Mails und Newsletter. Außerdem gibt es ein regelmäßiges Online-Veranstaltungsformat: die „SICHERE STUNDE“ für verschiedene Zielgruppen. Weitere Zukunftsidee: Seminarangebote zu Themen rund um die Sicherheit von Beschäftigten.

 

„Wir sind als gewerkschaftlicher Dachverband sehr froh, über die Landesinitiative die Chance zu haben, Entwicklungen wie auch unsere Forderungen zur Erhöhung der Sicherheit direkt an der Spitze im Innenministerium und in der Landespolitik platzieren zu können“, sagt Aumann. Auf diesem Wege will die dbb jugend nrw auch in diesem Jahr viele konkrete Maßnahmen auf den Weg bringen.

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