13.02.2017 | Gute Ansätze

Wunsch nach mehr Sicherheit in NRWs Finanzämtern

Wenn es um die finanzielle Existenz geht, kann es auf dem Amt schon mal heikel werden. Das wissen auch die Beschäftigten vom Finanzamt. Deren Sicherheit will die Oberfinanzdirektion in NRW nicht dem Zufall überlassen und erstellte darum im vergangenen Sommer ein Sicherheitskonzept für die Finanzämter des Landes. Wir zeigen auf, wie es die Mitarbeiter schützen soll – und welche Kritikpunkte es gibt.

 

Beschimpfungen am Telefon sind übel – aber noch unmittelbarer wird die Angst, wenn ein wütender direkt vor einem steht und ins Toben gerät. Situationen, wie sie in den Finanzämtern vorkommen können – vor allem in den Kassen dort.

 

Fakten geschaffen für die Sicherheit der Beschäftigten

 

Mit einem neuen Sicherheitskonzept schafft der Oberfinanzpräsident seit letztem Jahr Fakten, um die Sicherheit seiner Beschäftigten zu erhöhen. Das gilt seit Sommer in den NRW-Finanzämtern. Basis hierfür ist eine Grundsatzerklärung gegen Gewalt. Die, so sieht es das Sicherheitskonzept vor, soll von der Dienststellenleitung im Gebäude aufgehängt werden und den Besuchern deutlich machen, „dass gewalttätiges Verhalten jeglicher Art weder geduldet, noch sanktionslos bleiben wird“.

 

Dass das mehr als bloß leere Worte sind, wird auch an anderer Stelle sichtbar. „In unserem Finanzamt gilt eine neue Hausordnung“, hat die dbb jugend nrw von einem Mitglied erfahren, das lieber anonym bleiben möchte. Die regelt zum Beispiel den Einlass der Mitarbeiter, der durch eigene Personaleingänge erfolgt. „Bei uns gibt es den Hinweis, auch darauf zu achten, dass sie abgeschlossen sind, ebenso wie die Türen zu unseren Dienstzimmern, wenn wir sie verlassen“, erzählt das dbbj-Mitglied. Streunern dennoch Leute durch das Amt, gilt die Regel, sie anzusprechen und sie zu fragen, wer sie sind und wohin sie möchten.

 

Atmosphäre der Verantwortlichkeit geschaffen

 

Das sind zwar nur kleine Steinchen im großen Sicherheitsmosaik, aber sie sorgen für eine Atmosphäre der Verantwortlichkeit. So haben letztlich alle ein besseres Gefühl. Wichtig auch: „Wir haben alle Hausrecht“, erfahren wir weiter im persönlichen Gespräch. Kommt es also zu einer brisanten Situation, in der sich ein Besucher nicht beruhigen will oder sogar ausrastet, ist jeder Mitarbeiter befugt, den Wütenden des Hauses zu verweisen. „Es ist beruhigend, das zu wissen“, sagt unser Ansprechpartner.

 

Das Sicherheitskonzept geht jedoch noch weiter. Es gibt Hinweise zur Art der Einrichtung der Büros: Der Einsatz schwenkbarer Bildschirme wird ebenso empfohlen wie das Wegschließen von Büromaterial, das sonst zu Stich-, Wurf- oder Schlagwerkzeug werden könnte. Daneben gibt das Konzept Anleitung zum deeskalierenden Umgang mit wütenden Kunden und schlägt konkrete Vorsichtsmaßnahmen vor. Hierzu gehört das Vereinbaren von Warnsignalen, die die Kollegen untereinander kennen, und die es ihnen ermöglichen, Situationen richtig einzuschätzen und angemessen zu reagieren.

 

Schulungen nicht nur anbieten, sondern auch Teilnahme ermöglichen

 

Im Gegensatz zu manch anderen Behörden gibt es in den Finanzämtern mit dem Sicherheitskonzept eine neue Direktive, die auch festhält, dass Aus- und Fortbildungen zum Thema „Umgang mit Konflikten“ oder ähnlichen Inhalten allen Beschäftigten angeboten werden sollen und die Mitarbeiter darin unterstützt werden, diese Schulungen auch wahrzunehmen.

 

Das verhindert Übergriffe zwar nicht grundsätzlich, aber es macht sie unwahrscheinlicher und sorgt dafür, dass richtig reagiert werden kann, wenn es so weit kommt. Dennoch gibt es kleine Kritikpunkte: Zwar ist ein Notfall-System an den Arbeitsplätzen eingerichtet, über das die Beschäftigten per Knopfdruck Hilfe rufen können, doch ist das aus Sicht der Beschäftigten verbesserungswürdig. Vielfach fehlt es an regelmäßigen Schulungen, so dass die richtige Bedienung im Notfall untrainiert bleibt.

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