Bodycams bei der Polizei - bringt das eigentlich was?
18.07.2017 | Gute Ansätze

Bodycams bei der Polizei – bringt das eigentlich was?

Täglich passiert es, dass Polizisten angegriffen werden. Manchmal unverhofft und aus dem Nichts. Kleine Kameras, auf der Schulter der Beamten befestigt, sollen sie in Zukunft besser vor Übergriffen schützen. Tun sie das? Wir haben uns umgehört.

 

16.710 Polizisten wurden im Jahr 2016 zu Opfern von Angriffen, so hält es die Polizeiliche Kriminalstatistik fest. Sie wurden verbal oder körperlich angegriffen. Gegenüber dem Vorjahr war das eine Steigerung von 20 Prozent. Und die Zahl solcher Übergriffe steigt weiter.

 

Hier sind die Bodycams im Test

 

Hätte man diese Angriffe vermeiden können? Hätte man die Beamten besser schützen können? Die Antwort kann derzeit noch niemand geben. Erst in einigen Monaten wird es zumindest aus Nordrhein-Westfalen erste Erkenntnisse über ein neues Einsatzmittel haben, das derzeit in Städten wie Düsseldorf, Duisburg, Wuppertal oder Köln im Test ist: Bodycams.

 

Die kleinen Geräte sind nicht größer als zehn Zentimeter. Trotzdem sollen sie eine große Wirkung haben. Das nordrhein-westfälische Innenministerium hofft darauf, dass damit die Zahl der Angriffe auf Polizeibeamte zurückgeht. 200 dieser kleinen hochauflösenden Bodycams sind jetzt testweise im Einsatz.

 

Rheinland-Pfalz führt die Kameras flächendeckend ein

 

Auch in anderen Bundesländern sind die Minikameras im Einsatz. In Rheinland-Pfalz mit so gutem Ergebnis, dass sie dort nun flächendeckend eingeführt werden sollen. „Sie sind zwar kein Allheilmittel“, räumt Polizist Patrick Müller aus Rheinland-Pfalz ein, „doch schrecken sie in Einzelfällen ab.“

 

Genau das sollen sie auch. Die Polizei setzt sie als Präventionsmittel ein, um Gewalttäter abzuschrecken und Übergriffe zu verhindern. Tragen darf dieses Schutzmittel nicht jeder. Die Polizisten, die mit einer Bodycam auf der Schulter unterwegs sind, sind zuvor alle geschult worden. Außerdem tragen sie Warnwesten mit der Aufschrift „Videoüberwachung“.

 

Drauflos filmen ist nicht

 

„Bevor wir die Bodycam einschalten, müssen wir es ankündigen“, sagt uns Stefan May von der Polizei. Das ist fair, doch oftmals sinnlos, weiß er aus Erfahrung. „Oft haben wir es mit stark alkoholisierten Menschen zu tun. Die bekommen solche Ankündigungen gar nicht mit“, sagt er.

 

Von diesen Situationen abgesehen, hält er die Kameras dennoch für ein probates Mittel. Denn in den letzten Jahren habe sich Respektlosigkeit breitgemacht. Inzwischen ist sie unerträglich hoch. Anweisungen der Polizei wird frech widersprochen, Beamte werden beleidigt oder sie werden angegriffen. Die Videoaufnahme anzukündigen kann Wunder bewirken. Wie in dem Fall, in dem sich ein Mann vor Stefan May aufbaut, der ihn respektlos behandelt. „Er sagte, er studiere Jura“, erinnert sich May. Kaum war die Kamera an, habe er sich höchst freundlich verhalten und seinen Personalausweis mit den Worten „Gerne gebe ich Ihnen meine Personalien“ herausgegeben. In einigen Fällen konnten durch Belege von der Kamera auch falsche Anschuldigungen gegen Beamten entkräftet werden.

 

Kritikpunkte bleiben

 

Eines der Mankos: In Privaträumen darf die Kamera nicht laufen. Bei Hausbesuchen ist die Nutzung also ausgeschlossen. Dort bleiben die Beamten nach wie vor schutzlos. Stefan May sieht das kritisch, denn er weiß, dass es genau dort häufig zu Zwischenfällen kommt.

 

Zweites Manko: Datenschützer pochen in manchen Bundesländern darauf, dass nur mit Videospur, also ohne Ton, aufgezeichnet wird. Das würde bedeuten: Schläger kann man vielleicht von ihrer Tat abhalten, doch vor Drohungen und Beleidigungen schützt man die Beamten so nicht. In Rheinland-Pfalz setzt man darum trotz der Kritik der Datenschützer auf Bildaufnahmen mit Ton.

 

Die Bodycam wird in erster Linie als präventives Mittel eingesetzt, also um Straftaten vorzubeugen. In manchen Fällen werden die Aufnahmen dennoch als Beweismittel gesichert. „Das kommt vor, wenn man die Mitschnitte verwenden möchte, um beispielsweise Menschen zu identifizieren oder Straftätern strafrechtliches Verhalten nachzuweisen“, sagt May. In solchen Fällen müssen die Beamten Vorsorge treffen und die Aufnahmen sichern. Denn eigentlich werden sie am gleichen Tag gelöscht, sagt Patrick Müller, Teamleiter bei der Polizei. Genau dafür ist er in seinem Team zuständig. Ist etwas Besonderes vorgefallen, weisen ihn seine Kollegen darauf hin und sie sichern das Material auf einem Rechner. Die eigentlich präventiven Aufnahmen werden dann in ein repressives Beweismittel umgewidmet.

 

Aus dem Einsatz in anderen Bundesländern weiß man, dass die Bodycams zwar kein „Allheilmittel“ sind, wie Müller sagt, dennoch aber als zusätzlicher Schutz geeignet sind.

mehr lesen