In vielen Ämtern gibt es noch keine Notfallsysteme, über die man im Ernstfall Alarm auslösen kann
10.11.2016 | Bestandsaufnahme

Im Ernstfall herrscht Konfusion: In vielen Behörden fehlen Notfallregelungen

Kommt man während der Arbeit in eine Notfallsituation und wird bedroht, muss allen Mitarbeitern und Vorgesetzten klar sein, was zu tun ist. In vielen Behörden gibt es allerdings keinen Plan für solche Ernstfälle. Das zeigt das Ergebnis einer Umfrage der dbb jugend nrw. Rund die Hälfte der Befragten moniert fehlende Notfallregelungen.

 

Diese Umfrage schockiert, aber sie zeigt auch, warum gefährliche Übergriffe auf Beschäftigte im Öffentlichen Dienst manchmal eskalieren. Aggression und Gewalt gegen Mitarbeiter sind immer mehr an der Tagesordnung. Die können dann zwar vielerorts einen Notfallknopf drücken und damit die Kollegen zur Hilfe rufen, doch was dann genau geschehen sollte, ist in den meisten Fällen dem Zufall überlassen.

 

Glatte 45 Prozent geben in einer Umfrage der dbb jugend nrw an, zwar auf die Hilfe von Kollegen zurückgreifen zu können, jedoch nicht auf ein Notfallkonzept. Von den rund 300 befragten Mitgliedern sagten 35 Prozent: „Im Notfall weiß niemand, was er machen soll.“

 

„Das zeigt, wie dringend es nötig ist, verbale oder gewalttätige Übergriffe flächendeckend zum Thema zu machen. Die Umfrage zeigt uns, dass es an klaren Regelungen und Notfallplänen hapert“, betont der Vorsitzende der Deutschen Beamtenbund-Jugend NRW (dbb jugend nrw) in Reaktion auf die Umfrage, die der Verband in den letzten Monaten online durchgeführt hat.

 

Nur 20 Prozent der befragten Beschäftigten fühlt sich gut auf den Ernstfall vorbereitet. Eines der Mankos: „Es gibt kein übergreifendes Sicherheitskonzept“, moniert Jano Hillnhütter. Bereits seit Monaten wirbt die dbb jugend nrw darum in der Politik dafür, alle Verantwortlichen für die Landes- und Kommunalverwaltungen an einen Tisch zu holen und genau darüber zu beraten. „Das Rad muss nicht neu erfunden werden. Wir finden in vielen Verwaltungen Konzepte vor, die sinnvoll sind und funktionieren“, sagt Hillnhütter. Dazu gehören zum Beispiel präventive Maßnahmen wie eine gefahrenbewusste Bürogestaltung, flächendeckende Alarmierungssysteme sowie Schulungen zu deeskalierendem Verhalten und Selbstverteidigung. Doch diese Konzepte existieren lediglich als Einzellösungen. In zu vielen Ämtern und Behörden fehlen solche Konzepte vollkommen.

 

Im akuten Gefahrenfall sollte klar sein, wer wann hilft und wie die Hilfe aussehen soll. Ein optisches oder akustisches Signal nach Auslösen des Notfallknopfes allein gibt noch keine Auskunft darüber, was gerade im entsprechenden Büro passiert. Benötigt der Mitarbeiter Hilfe von seinen Kollegen, weil jemand handgreiflich wird oder sollten die Kollegen lieber fern bleiben und sofort die Polizei informieren, weil eine Geiselnahme droht und die Kollegen nur in einen Hinterhalt gelockt würden?

 

Funktionierende Notfallsysteme müssen all diese Fälle durchspielen und intelligente Lösungen anbieten. Gibt es solche Systeme, können sie nach Auffassung der dbb jugend nrw allerdings nur dann Menschen schützen und Leben retten, wenn sie nicht in den Schubladen verschwinden, sondern durch regelmäßige Schulungen in den Köpfen der Beschäftigten landen, so dass jeder im Notfall ganz genau weiß, was in welcher Reihenfolge zu tun ist.

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