Neues Meldesystem für Übergriffe auf Einsatzkräfte am Start
21.01.2022 | Mit im Boot

Neues Meldesystem für Übergriffe auf Einsatzkräfte am Start

Feuerwehr und Rettungsdienste – Menschen, die dort im Einsatz sind, schützen das Leben anderer. Viele von ihnen werden allerdings selbst zu Opfern. Bei ihren Einsätzen werden sie verbal und körperlich angegriffen. Das neue Meldesystem IMEG soll die Situation nun verbessern. Was es kann und wo es als Pilot gestartet ist.

 

Beschimpfungen, weil sie zu lange bis zum Einsatzort gebraucht haben oder Androhung von Prügel, weil sie im Noteinsatz um Menschenleben Einsatzfahrzeuge mitten auf der Straße stehen lassen – solche Szenarien spielen sich häufiger ab, wenn Rettungsdienste und Feuerwehren im Einsatz sind. Fragt man die dort beschäftigten Einsatzkräfte, schildern sie, wie die Zahl solcher An- und Übergriffe zugenommen hat. Doch valide Zahlen dazu gibt es nicht.

 

Landesweites Meldesystem soll Überblick geben und helfen

 

Wenn etwas passiert, erwartet die Betroffenen ein mühseliges Prozedere, wenn sie sich dazu entschließen, Strafanzeige zu erstatten, einen Unfallbericht zu schreiben oder gar psychosoziale Hilfe in Anspruch zu nehmen. Zwar gibt es an vielen Feuer- und Rettungswachen darum schon jetzt eigene Prozesse, um die Betroffenen nach einem Übergriff bestmöglich zu unterstützen. Doch nun soll die Situation durch ein einheitliches landesweites Meldesystem vereinfacht und verbessert werden.

 

IMEG (Innovatives Melde- und Erfassungssystem Gewaltübergriffe) nennt sich das IT-System, das in einer Pilotphase seit dem 10. Januar an zwölf kreisfreien Städten und Kreisen in NRW an den Start gegangen ist. Neben Bochum, Krefeld, Hamm, Duisburg und Düsseldorf sind auch die Kreise Heinsberg, Herford, Mettmann, Lippe, Minden-Lübbecke, Warendorf und die Städteregion Aachen dabei. Die Kosten für das System werden in der Pilotphase durch das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales gedeckt.

 

Angestoßen von Ministerien, komba nrw und weiteren Stakeholdern

 

Es geht zurück auf die Arbeit des Aktionsbündnisses „Gemeinsam gegen Gewalt“. An diesem sind neben dem Ministerium des Innern in NRW auch das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales beteiligt wie auch die komba gewerkschaft nrw, die Unfallkasse NRW, der Verband der Feuerwehren NRW, der Städtetag NRW, der Landkreistag NRW und der Städte- und Gemeindebund NRW.

 

Konkret soll das System dafür Sorge tragen, dass über einen einfachen Meldeweg Übergriffe erfasst und weiterbearbeitet werden. Dazu zählt je nach Schwere des Übergriffs das Erstellen eines Strafantrags, einer Unfallanzeige oder die psychosoziale Nachbereitung.

 

„Die Deutsche Beamtenbund-Jugend NRW (dbb jugend nrw) begrüßt die Einführung von IMEG“, sagt Susanne Aumann, Vorsitzende des gewerkschaftlichen Dachverbandes. Das Meldesystem sei ein wichtiger Schritt, weil es dazu beitrage, valide Daten über die Zahl und die Schwere der Übergriffe zu ermitteln.

 

Nach Übergriff direkte Meldung über QR-Code

 

Wie einfach die Meldung eines Vorfalls nun ist, schildert Valentino Tagliafierro, Vorsitzender des DBB in Duisburg und Personalratsmitglied bei der dortigen Feuerwehr: „In den Einsatzfahrzeugen ist ein QR-Code angebracht, über den man über die mobilen Endgeräte, die im Einsatz mit dabei sind, direkt ins Meldesystem gelangt.“ In den jeweiligen Leitstellen werden die Meldungen gesammelt und weiterbearbeitet. Dazu gehört auch die Meldung der Übergriffszahlen ans Ministerium, um letztlich eine landeseinheitliche Statistik zu erhalten. IMEG unterstütze also dabei, die Meldewege zu vereinfachen und zu beschleunigen, betont Tagliafierro, der als Vorsitzender des Fachbereichs Feuerwehr und Rettungsdienst der komba einen Blick über die Gesamtsituation in NRW hat.

 

Darüber hinaus wäre es sinnvoll, danach eine übergeordnete Erfassung wie beispielsweise in der Polizeilichen Kriminalstatistik anzuschließen, sagt Aumann. „Damit würden viele Übergriffe aus dem Dunkelfeld geholt, so dass auch konkrete Maßnahmen zielführender angegangen werden können. Auch wäre die Aussage ‚die Übergriffe auf Beschäftigte im Öffentlichen Dienst nehmen zu‘ nicht mehr nur subjektiv, sondern tatsächlich belegt. „Wenn sich das Meldesystem bei den Einsatzkräften von Feuerwehr und Rettungsdiensten bewährt, ist eine Ausweitung auf den gesamten Öffentlichen Dienst als landesweites Lagebild sinnvoll“, betont sie.

 

Videokampagne gegen Bedrohung

 

Zeitgleich zur Pilotphase hat die dbb jugend nrw eine Videokampagne gestartet, die ebenfalls nachdrücklich auf die zunehmende Bedrohung von Beschäftigten im Öffentlichen Dienst aufmerksam macht. „Uns ist es wichtig, den Finger immer wieder in die Wunde zu legen, denn es muss noch mehr passieren“, sagt Aumann. Die Beschäftigten seien schließlich Vertreter des Staates und Bewahrer der Demokratie und Grundrechte. „Wer diese Menschen angreift, greift auch unsere Demokratie an“, so Aumann.

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