Was man aus der Pandemie für die Sicherheit der Beschäftigten lernen kann
14.04.2022 | Gute Ansätze

Was man aus der Pandemie für die Sicherheit der Beschäftigten lernen kann

Besuche nur noch auf Termin, Anmeldung beim Pförtner und Spuckschutz im persönlichen Gespräch – seit Beginn der Pandemie hat sich für Bürger wie Mitarbeiter von Behörden vieles verändert. Manches davon sollte auch nach Corona unbedingt beibehalten werden, findet die dbb jugend nrw. Aus einem ganz bestimmten Grund.

 

Ständig lange Warteschlangen im Flur. Ewiges Warten vor verschlossenen Bürotüren. – Solche Situationen gehörten vor Beginn der Pandemie für ratsuchende Bürger/innen und Beschäftigte mit Publikumsverkehr in Behörden zum Alltag. „Auf den kleinen Fluren sammelten sich an zwei Öffnungstagen in der Woche, an denen die Bürger ohne Termin kommen konnten, zum Teil bis zu 50 Leute“, sagt Daria Abramov, Teamleiterin in einem Sozialamt.

 

Aufstauende Aggressionen unter den Wartenden

 

Das brachte gleich mehrere Probleme mit sich: Wer das Gefühl hat, ewig warten zu müssen, wird ungeduldig, verärgert und – wie Studien zeigen – auch aggressiv. Die Stimmung schaukelt sich hoch. Zudem war bei der großen Anzahl an Besuchern die Reihenfolge für die Beschäftigten nicht zu überblicken. „Aufgrund von Sprachbarrieren kam es dann häufiger zu Streitigkeiten darüber, wer als nächstes dran ist“, sagt Abramov. – Situationen, die sich dann manches Mal gegenüber den Verwaltungsbeschäftigten entluden und eskalierten.

 

Dann kam die Corona-Pandemie. „Durch die damit eingeführten Kontaktbeschränkungen gab es zunächst in vielen Verwaltungen keine Besuchsmöglichkeiten. Später dann wurden sie unter engen Hygienevorschriften nach Einzelterminvergabe wieder möglich“, erinnert sich Susanne Aumann, Vorsitzende der deutschen Beamtenbund-Jugend NRW (dbb jugend nrw).

 

Entschärfende Maßnahmen

 

Auch in dem Sozialamt, in dem Abramov arbeitet, war das so. „Als der Publikumsverkehr wieder möglich war, haben wir im Erdgeschoss ein Servicebüro eingerichtet“, sagt sie. Situationen, in denen sich die Stimmung der Menschen auf den Fluren hochschaukelte und sie mit geladener Stimmung zum Sachbearbeiter hineingingen, gab es nicht mehr.

 

Was nach Einschätzung Aumanns ebenfalls auf die vormals angespannte Situation entschärfend wirkt: Durch die Terminvergabe entfallen lange Wartezeiten. Die sich bei Wartenden aufstauende Wut und der damit verbundene Aggressionslevel fallen weg.

 

Ein weiterer Vorteil, den Abramov feststellt: „Wenn wir vorher wissen, wer kommt, können wir uns darauf vorbereiten und einstellen.“ Das macht es möglich, gezielt Vorsorge zu treffen, wenn diese nötig sein könnte: „Kollegen können zur Sicherheit mit in den Termin kommen oder man stellt Sichtnähe zu Kollegen her, die im Notfall eingreifen können“, sagt die Teamleiterin.

 

Bauliche Sicherheit wird gewährleistet

 

In den pandemiebedingt eingerichteten Servicebüros wurde gezielt auf eine baulich sichere Ausstattung geachtet: Die Schreibtische stehen so, dass den Beschäftigten der Fluchtweg nicht versperrt ist. Solche zusätzlich geschaffenen Räumlichkeiten könnten noch ganz anders als bereits vorhandene Mitarbeiterbüros auf Sicherheitsfaktoren hin überprüft und eingerichtet werden, findet auch Aumann.

 

Was sich durch die Terminvergabe ebenfalls veränderte: Bürger kommen gezielt nur noch dann, wenn sie ein Gespräch benötigen. Viele Anfragen – so zeigte sich – lassen sich auch auf anderem Wege lösen. Nicht immer sind Besuchstermine auch wirklich notwendig. Volle Flure gibt es seitdem nicht mehr. Positiver Nebeneffekt: Ratsuchende Bürger sind im Schnitt entspannter. Das tut auch der Sicherheit der Beschäftigten gut. Es kommt seltener zu Ausrastern.

 

Pförtner entschärfen die Situation

 

Da, wo nicht bereits vorher schon so gelöst, wurden mit Beginn der Pandemie in den Verwaltungen zudem Pförtner eingesetzt, die neben den Impfnachweisen auch das Tragen von Masken kontrollierten. Auch das wirkte sich positiv aus. „An den Pforten können Unterlagen abgegeben werden“, sagt Abramov. Das erspart den Bürgern den Weg bis zum zuständigen Ansprechpartner und verhindert zudem, dass Menschen unkontrolliert durch das Verwaltungsgebäude laufen. Wer einen Termin hat, wird entweder vom Pförtner gebracht oder an der Pforte abgeholt. Darum wäre es sinnvoll, diese Positionen auch in Zukunft flächendeckend zu besetzen.

 

Was aus Sicht Abramov zudem vielerorts zur Sicherheit der Beschäftigten beitragen könne, sei das Beibehalten von Spuckwänden aus Plexiglas oder Glas. Diese wurden zum Infektionsschutz aufgestellt, um einander gegenüber sitzende oder stehende Personen vor einer Ansteckung durch beim Sprechen oder Niesen verteilter Tröpfchen oder Aerosole zu schützen. „In unserer Behörde sind diese Spuckschutzwände recht massiv“, sagt Abramov. Sie könnten durchaus dem Schutz und der Sicherheit der Beschäftigten dienen, wenn beispielsweise Gegenstände nach ihnen geworfen würden.

 

Vor dem Abschaffen lieber genau hinsehen

 

Bei allen Erschwernissen habe die Pandemie mancherorts Veränderungen mit sich gebracht, die – auch wenn das in dem Zusammenhang gar nicht das Ziel war – auch positive Veränderungen hinsichtlich der Sicherheit gegen Übergriffe mit sich gebracht hätten, betont Aumann. Darum lohne es sich, vor dem Rückbau der pandemiebedingten Maßnahmen zu prüfen, ob sie nicht im ein oder anderen Fall oder in abgewandelter Form ein Zugewinn in Sachen Sicherheit und Schutz der Beschäftigten sei und aus diesem Grund beibehalten werden sollten.

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