Neues Meldesystem für Übergriffe auf Einsatzkräfte am Start
10.12.2019 | Bestandsaufnahme

Welche Berufsgruppen am wenigsten Respekt erfahren

Wenn Rettungskräfte bei ihrer Arbeit angegriffen werden und Lehrer angepöbelt, dann darf man zu Recht fragen, wie es eigentlich um den Respekt in unserer Gesellschaft bestellt ist. Eine Umfrage der Konrad-Adenauer-Stiftung hat hierzu nun Erstaunliches zu Tage befördert.

 

Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht von Angriffen auf Feuerwehrleute, Verwaltungsmitarbeiter oder Polizisten zu lesen ist. Der Ton ist rau geworden. Und alle Berufe im Öffentlichen Dienst sind betroffen. Ganz gleich, ob Lehrer, Rettungskräfte, Zugbegleiter oder Politiker – sie alle genießen in der Gesellschaft immer weniger Respekt. So belegt es eine Umfrage unter rund 1.000 Wahlberechtigten, die die Konrad-Adenauer-Stiftung in Auftrag gegeben hat. Die Meinungsforscher wollten dazu nicht nur wissen, welche Berufsgruppen „sehr viel“, „viel“, „etwas“, „wenig“ oder „sehr wenig“ Respekt genießen, sondern auch ob sich die Einstellung diesen Berufsgruppen gegenüber in den letzten Jahren gewandelt hat.

 

Die Rangliste sinkendem Ansehens

 

Das Resultat ist eine Rangliste sinkendem Ansehens. Das Schlusslicht bilden in den Augen der meisten Befragten die Politiker. Nur 20 Prozent befanden, dass diese viel oder sehr viel Respekt genießen. Auch Gewerkschafter, Lehrer und Polizisten kommen – nimmt man die Werte für „viel“ und „sehr viel“ Respekt zusammen – nicht einmal auf 50 Prozent. Selbst Rettungskräfte, die früher für ihre dringende und wichtige Hilfe am Menschen als Helden gefeiert wurden, kommen auf nicht mehr als 57 Prozent. Das höchste Ansehen genießen laut der Umfrage Hausärzte (75 %), Professoren (72 %) und Richter (68 %).

 

Gewerkschafter genießen zunehmenden Respekt

 

Neben der aktuellen Lage lieferte die Umfrage jedoch auch Daten zur Entwicklung des Ansehens. Überraschend: Der Respekt vor Gewerkschaftern ist als einziger bei den unter die Lupe genommenen Gruppen im Ansehen gestiegen. 31 Prozent der Befragten gaben hingegen an, früher mehr Respekt vor der Polizei gehabt zu haben. Gar 42 Prozent hatten früher vor Lehrern mehr Achtung als heute – ebenso auch das Ergebnis der Politiker.

 

Fern von Umfragen zeigt auch das allgemeine Lagebild, dass Politiker häufiger in den Fokus von Angriffen rücken. Nach dem Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke im Sommer 2019 machten im November der Grünen-Politiker Cem Özdemir und Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth Morddrohungen gegen ihre Person öffentlich.

 

Lagebild aus dem Öffentlichen Dienst

 

Auch viele Beschäftigte im Öffentlichen Dienst kennen Gewaltandrohungen. Nach einer vom dbb beamtenbund und tarifunion in Auftrag gegebenen Untersuchung ist in Deutschland jeder zweite Staatsdiener mit Bedrohungen und Gewalt konfrontiert.

 

Im Oktober erst beklagte der Verband Niedersächsischer Lehrkräfte, dass laut Landeskriminalamt die Gewalt gegen Lehrer um 40 Prozent zugenommen habe. In Lüdenscheid (Sauerland) gründete sich der Verein „SoKo Respekt“, weil die Respektlosigkeit gegenüber Einsatz-, Hilfs- und Rettungskräften für viele unerträglich geworden ist.

 

Uniformträger werden besonders oft angegangen

 

„Manchmal ist das Tragen von Uniform oder Dienstkleidung wie bei Polizei, Ordnungsamt oder Sanitätsdienst beinahe so etwas wie eine Aufforderung für abfälliges und respektloses Verhalten“, stellt Moritz Pelzer, Vorsitzender der dbb jugend nrw, ernüchtert fest.

 

Erfreut zeigt sich der NRW-Chef der Deutschen Beamtenbund-Jugend hingegen über die Zunahme des Ansehens von Gewerkschaftern. „Offenbar nimmt die Gesellschaft wahr, dass unsere Arbeit unverzichtbar ist und diese die Situation von Millionen Beschäftigten in Deutschland verbessert“, sagt Pelzer.

 

„Allen Beschäftigten sollte mit Respekt begegnet werden“

 

Diesen Vorschuss im Ansehen wolle man re-investieren, um beispielsweise durch die Kampagne „Gefahrenzone Öffentlicher Dienst“ auf die im Öffentlichen Dienst geleistete Arbeit zum Wohle aller aufmerksam zu machen. „Unser Ziel ist es, dass allen Beschäftigten wieder mit ausreichendem Respekt begegnet wird“, sagt Pelzer.

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