Übergriffe auf Lehrer auf besorgniserregendem Niveau
20.12.2022 | Bestandsaufnahme

Übergriffe auf Lehrer auf besorgniserregendem Niveau

Gewalt gegen Lehrerinnen und Lehrer ist an vielen Schulen Teil des Berufsalltags geworden. Das ergibt eine aktuelle Umfrage des Verbands Bildung und Erziehung. Körperliche Angriffe zählen ebenso dazu wie psychische Gewalt oder Cyber-Mobbing gegen Lehrkräfte. Die Fakten im Einzelnen.

 

Die Zahl der Schulen, an denen es in den letzten fünf Jahren Gewalt gegen pädagogisches Personal gab, hat sich auf „einem hohen Niveau eingependelt“, teilt der Verband Bildung und Erziehung (VBE) mit. Gewalt gegen Lehrkräfte und Schulleitungen sei an der Tagesordnung. Seit dem Beginn der Coronapandemie wird es zu einem immer größeren Problem, hält der Lehrerverband fest.

 

Körperliche Gewalt, Cybermobbing und psychische Gewalt

 

Ein Drittel der im Auftrag des VBE von der Forsa befragten Schulen gibt an, Lehrer wie Schulleitungen seien in den in den letzten fünf Jahren körperlichen Angriffen ausgesetzt gewesen. Zwei Drittel der insgesamt 1.300 befragten Schulen meldeten zurück, dass dort in den letzten fünf Jahren Pädagogen psychischer Gewalt ausgesetzt gewesen seien. In einem Drittel der Schulen wurden Lehrerinnen oder Lehrer Opfer von Cyber-Mobbing. „Die Ergebnisse sind bedrückend“, fasst Udo Beckmann, Vorsitzender des VBE zusammen.

 

40 Prozent der Befragten machen sogar eine starke Zunahme von Gewalt an ihrer Schule aus. Die Übergriffe gehen, so zeigt die Umfrage ebenfalls, von Schülern und Eltern gleichermaßen aus. In einigen Fällen wurden sogar Erwachsene übergriffig, die überhaupt keine Verbindung zur Schule haben.

 

Corona verstärkt Gewalt-Problem an Schulen

 

Viele Übergriffe seien in Zusammenhang mit der Pandemie zu sehen, so eine Einschätzung des VBE. Die Befragten berichten über zahlreiche Konfliktsituationen, in denen es um die Umsetzung der Corona-Hygienemaßnahmen gekommen sei. Auch sei nach Feststellung des VBE die Art der Übergriffe nicht an allen Schulformen gleich gelagert. Während an Förderschulen das Maß an körperlicher Gewalt überwiege, sei an Gymnasien, Realschulen und anderen Schulformen eher das Cybermobbing ein beobachtbares Problem.

 

In Folge dessen hat die Zahl der Lehrkräfte, die ihren Job nicht mehr gerne ausüben, deutlich zugenommen. Sie verfünffachte sich. Mit dazu bei trägt auch der akute Lehrermangel sowie die daraus resultierende Arbeitsbelastung und Zeitmangel sowie Sanierungsstau an den Schulen.

 

Fürsorgepflicht ist für viele Dienstherrn kein Thema

 

Ein großes Problem scheint vor allem die mangelnde Unterstützung durch übergeordnete Behörden wie beispielsweise Schulamt und Schulministerium wie auch die Politik. 34 Prozent der Schulleitungen gaben an, diese würden sich nicht ausreichend des Problems annehmen. „Wenn Gewaltvorfälle vom Dienstherrn ignoriert werden oder die Meldung von Schulbehörden nicht gewünscht ist, ist das schlichtweg ein Skandal“, betont Beckmannn. Schließlich gehöre es zur Fürsorgepflicht eines Dienstherrn, derartigen Meldungen nachzugehen und seine Beschäftigten zu schützen. Es sei das Mindeste, dass Lehrkräfte ihrer Arbeit unbehelligt nachgehen und unversehrt wieder nach Hause gehen können, sagt der Vorsitzende des VBE.

 

In Anbetracht der zunehmenden Unzufriedenheit unter Lehrkräften und Schulleitungen sei eine Aushöhlung des Schulwesens zu befürchten. Die Arbeitsbedingungen müssten sich deutlich bessern. Zudem sei es überfällig, Schulen zukunftsfest aufzustellen. „Ohne Schulleitungen, die ihren Job nicht gerne nachgehen und denen im Schulalltag genug zeitliche Ressourcen zur Verfügung stehen, kann Schule nicht funktionieren und sich weiterentwickeln“, hält Beckmann abschließend fest.

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