5. Sicherheitskonferenz der dbb jugend nrw
06.06.2019 | Symposien

Wie man in schwierigen Situationen die Kontrolle behält

Beinahe alle kennen Kundenkontakte, in denen man hart darin gefordert wird, die Nerven zu behalten. Nicht immer gelingt das gleich gut. Was man tun kann, um psychisch stark zu bleiben, auch wenn das Gleichgewicht ins Wanken gerät, war Thema der Sicherheitskonferenz.

 

„Ich springe wegen Ihnen“

 

„Wenn Sie den Bescheid nicht bewilligen, springe ich aus dem Fenster“ – was so klingt, als käme es aus einem schlechten Film, kennen Beschäftigte im Öffentlichen Dienst so oder so ähnlich aus ihrem beruflichen Alltag: Verzweifelte und weinende Menschen, die mit großer Not in den Amtsstuben sitzen und zum äußersten Mittel greifen. Auf der Sicherheitskonferenz der dbb jugend nrw, die jüngst in Düsseldorf stattfand, berichteten viele der jungen Beschäftigten von derartigen Szenen. Dem Druck standzuhalten sowie Klagen oder Beschimpfungen unter der Gürtellinie wegzustecken, ist keine leichte Sache. Wenn es im Büro hoch her geht, ist sicheres Auftreten gefragt. Was hilft: psychische Widerstandskraft.

 

Nicht jeder Mensch ist damit in gleichem Maße ausgestattet. Während der eine schwere Situationen leichter wegsteckt und auch bei Rückschlägen schnell wieder sein eigentliches Ziel ins Visier nimmt, droht ein anderer in ähnlichen Situationen daran zu zerbrechen. Das machte Almut Lewe, Psychologin und Resilienz-Coach, den Teilnehmern der Sicherheitskonferenz nicht nur bewusst, sondern zeigte ihnen in vielen praktischen Beispielen, wie sich Menschen verhalten, die widerstandsfähig sind – also resilient. Die gute Nachricht: Auch wer es von Haus aus nicht ist, kann zum Stehaufmännchen werden.

 

Das macht Menschen aus, die stark bleiben

 

Was man dazu braucht, erklärt Lewe so: „Es gibt mehrere Säulen, auf denen psychische Widerstandskraft ruht. Eine der wichtigsten: Optimismus.“ Wer auf lange Sicht daran glaubt, dass das Leben mehr Gutes als Schlechtes für ihn bringen wird und wer das Gefühl hat, Einfluss auf den Verlauf seines Lebens nehmen zu können, der bewältigt Krisen leichter. Hilfreich zudem: die Fähigkeit, akzeptieren zu können, was geschehen ist, außerdem lösungsorientiert zu sein und nach Möglichkeiten Ausschau zu halten, mit denen man wieder Herr der Lage werden kann. Dazu ist es notwendig, sich aus der Opferrolle zu begeben – also davon überzeugt zu sein, dass man sich selbst helfen kann. Jeder kennt laut Lewe Menschen, die das perfekt beherrschen und die uns als sehr widerstandsfähig im Kopf geblieben sind. Von ihnen lässt sich lernen, wie man selbst widerstandsfähiger wird.

 

Sieh dich nicht als Opfer

 

„Atmen Sie in schwierigen Situationen durch und beobachten Sie Ihre Gedanken. Fragen Sie sich in solchen Momenten, was Ihre Freundin denken würde, oder Ihr Chef. Versuchen Sie klar zu bekommen, welche Gedanken Unwohlsein und Missempfindungen in Ihnen auslösen“, so der Rat der Psychologin.

 

„Wichtig ist, Denkfallen zu identifizieren“, erläutert Lewe weiter. Alles also, was uns dazu bringe, vorzeitig aufzugeben. Gedanken wie „Das schaffe ich ja doch nicht“ oder „Ich habe schon so viel hineininvestiert – aufgeben kommt jetzt nicht in Frage“. Eine weitere Voraussetzung, die sich üben lässt: „Trainieren Sie, Probleme zu lösen!“ Dazu ist es laut Lewe nötig, die Situation kurz realistisch einzuschätzen, das Katastrophendenken zu stoppen und stattdessen einen Plan zu machen, der dabei hilft, das Problem zu lösen. Der Tipp der Psychologin dazu: „Denken Sie nicht immer gleich an das Schlimmste und versuchen Sie, sich nicht von Ihren Gefühlen übermannen zu lassen.“

 

Lewe zeigte den Teilnehmenden auf, dass jeder bereits Strategien entwickelt habe, mit denen er Widerstandskraft aufgebaut hat. Dabei helfe es, sich diese bewusst zu machen: In welchen Situationen reagiere ich mittlerweile gelassen? Welche Situationen belasten mich nicht mehr so wie zuvor? Und das Wichtigste: Was hat mir selbst dabei geholfen?

 

„Sie tragen Schuld, wenn ich in Haft gehe!“

 

„Sie tragen Schuld, wenn ich in Haft gehe!“ Zu Beginn ihrer beruflichen Laufbahn in der Bewährungshilfe nagte dieser Satz eines Klienten an ihr, berichtete eine Mitarbeiterin aus dem Ambulanten Sozialen Dienst der Justiz. Geholfen hat hier der Austausch mit Kollegen und die Abgrenzung des eigenen Verantwortungsbereichs bis hin zur Entwicklung einer klaren Haltung: „Ich trage die Verantwortung für die Gestaltung eines Beratungsprozesses, aber nicht für die Konsequenz, die aus dem Fehlverhalten eines anderen entsteht!“

 

Almut Lewe machte deutlich, dass insbesondere in der Klärung der Verantwortung eine gute Möglichkeit liegt, auch eine emotionale Klärung herbeizuführen. So bleibt man auch in einer Situation der Schuldzuschreibung handlungsfähig.

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