NRW-Initiative gegen Gewalt
30.06.2021 | Mit im Boot

dbb jugend nrw in Landesinitiative zum Schutz von Beschäftigten berufen

Mehr Schutz vor Übergriffen sollen alle Beschäftigten in NRW durch eine Landesinitiative bekommen, die das Landeskabinett jetzt auf den Weg gebracht hat. Die dbb jugend nrw ist ein entscheidender Teil davon. Welche Rolle sie dabei spielt und was genau besser werden soll.

 

In Sachen Schutz und Sicherheit für öffentlich Beschäftigte hat sich schon viel bewegt. Vor fünf Jahren hat die Deutsche Beamtenbund-Jugend NRW (dbb jugend nrw) die Kampagne „Gefahrenzone Öffentlicher Dienst“ gestartet. Ihr Ziel: das Thema in die Öffentlichkeit zu tragen und politisch zu diskutieren. In dieser Zeit ist es in der Politik und auch in der Gesetzgebung angekommen.

 

Jetzt aber gibt es so etwas wie eine Highspeedleitung für das Anliegen. Das Landeskabinett hat die landesweite Initiative „Mehr Schutz und Sicherheit von Beschäftigten im öffentlichen Dienst“ ins Leben gerufen. Die dbb jugend nrw ist Teil dieser Initiative.

 

Anliegen, mehr Schutz zu schaffen, geht auf Highspeedstrecke

 

„Ich kann allen Betroffenen versichern, dass jetzt etwas passieren wird“, sagt Susanne Aumann, Vorsitzende der dbb jugend nrw. Als Kopf des gewerkschaftlichen Jugenddachverbandes war sie bei der digitalen Auftaktveranstaltung dabei und hatte dort Gelegenheit, die Verbands-Kampagne „Gefahrenzone Öffentlicher Dienst“ vorzustellen. Aumann ist selbst noch beeindruckt von dem Treffen der Experten und der Geschwindigkeit, mit dem das Anliegen jetzt behandelt wird, um möglichst schnell Verbesserungen für alle Beschäftigten in NRW zu erreichen.

 

Erst am 8. Juni hatte das Landeskabinett beschlossen, die NRW-Initiative ins Leben zu rufen. Am 11. Juni erreichte die dbb jugend nrw die Anfrage, ob sie sich einbringen wolle und am vergangenen Freitag, 25. Juni, gab es die Auftaktveranstaltung. „Das alles in nicht einmal drei Wochen – das kann man kaum überbieten“, sagt Aumann. Dies zeige, dass nicht nur das Thema angekommen sei, sondern es mit hoher Bedeutung vorangetrieben werden solle, ist sich die Verbandsvorsitzende sicher.

 

Aufspüren, zusammenbringen und vernetzen

 

Worum geht es genau? Ziel der Landesinitiative ist es, möglichst viele Initiativen, Kampagnen und Projekte, die inzwischen als einzelne Inseln das Thema „Gewalt gegen Beschäftigte im Öffentlichen Dienst“ anfassen und an Verbesserungen arbeiten, zusammenzuführen und diese in einem landesweiten Netzwerk zu verzahnen. So will man das vorhandene Potenzial und die Vorerfahrung aus gut laufenden Projekten, die dem Schutz der Beschäftigten dienen, aufspüren und multiplizieren.

 

„Wir begrüßen das Anliegen, bestehende Angebote und Ansätze zu bündeln und sich als gemeinschaftliches Netzwerk landesweit stark aufzustellen“, sagt Aumann. NRW habe zahlreiche Projekte und Initiativen, auf die man diesbezüglich bauen könne. Die dbb jugend nrw habe schon immer vernetzt gedacht. In der Vergangenheit brachte der gewerkschaftliche Jugenddachverband darum auch ihm bekannte Ideen – wie beispielsweise das Melderegister der Stadt Köln – selbst mit in politische Gespräche ein.

 

Großes Interesse an Auftaktveranstaltung mit Innenminister

 

Einen Anfang, der sich sehen ließ, setzte die digitale Auftaktveranstaltung, zu der NRW-Innenminister Reul eingeladen hatte. Die war zwar mit heißer Nadel gestrickt, holte aber unter anderem neben gewerkschaftlichen Verbänden auch kommunale Vertreter, die Bezirksregierung, die Unfallkasse und Forscher an einen Tisch. Nach der Einladung zu diesem ersten Online-Vernetzungstreffen waren nur zwei Tage später vor den Monitoren in der Spitze 90 Zuschauer dabei.

 

Innenminister Herbert Reul eröffnete die Expertenrunde. „Es wurde sehr deutlich, dass es ihm ein großes Anliegen ist, eine flächendeckende Null-Toleranz-Haltung zu etablieren und über die Landesregierung konkrete Maßnahmen anzustoßen, um die Situation zu verändern“, sagt Aumann.

 

Exemplarisch stellten sich Projekte aus NRW vor

 

Neben der Kampagne der dbb jugend nrw ging es dann auch um erfolgreiche Systeme wie das Melderegister ZeMAG, das die Stadt Köln implementiert hat, um das Arbeiten für die Kommune sicherer zu machen, berichtet die Chefin der dbb jugend nrw. Prof. Bernhard Frevel stellte die Ergebnisse der von der komba initiierten Studie „Sicherheit und Gewaltprävention in Kommunalverwaltungen“ vor, das Aachener Modell wurde zum Thema und auch die Wissenschaftler kamen zu Wort.

 

„Es ist wichtig, dass auch die Forschung mit einbezogen wird und wir so einen Blick auf das Dunkelfeld haben, in dem Übergriffe stattfinden“, sagt Aumann. Aus ihrer Sicht benötige man jedoch auch den Blick ins Hellfeld. Nach vielen Jahren, die sich die dbb jugend nrw nun schon mit dem Thema befasse, wisse man immer noch nicht, wie viele Beschäftigte konkret von Übergriffen betroffen seien. Selbst wenn man in den 396 Kommunen in NRW beispielsweise nachfragen würde, wie viele Beschäftigte von Ordnungsdiensten im Jahr angegriffen würden, habe man am Ende kein aussagekräftiges Bild. Manche Kommunen erfassen solche Daten nicht einmal.

 

„Wir brauchen eine systematische Erfassung aller Übergriffe“

 

„Es fehlt einfach ein übergreifendes Instrument, in dem systematisch alle Übergriffe erfasst werden“, so Aumann. Dazu eignet sich aus Sicht des gewerkschaftlichen Jugenddachverbandes am besten die Polizeiliche Kriminalstatistik. In dieser werden bereits Übergriffe auf Polizisten und Rettungsdienste erfasst. „Wir brauchen da eine weitere Öffnung hin zu allen Arbeitsbereichen des Öffentlichen Dienstes“, sagt die Vorsitzende.

 

Viele solcher konkreten Vorschläge wird die dbb jugend nrw in ihre künftige Arbeit innerhalb der Landesinitiative einbringen. Das Knowhow des gewerkschaftlichen Jugenddachverbandes fließt in die Arbeitsgruppe „Netzwerk und Kommunikation“ ein. Diese wird sich um das Zusammenführen aller Ansätze und Initiativen kümmern und dafür Sorge tragen, dass man voneinander weiß und Erfahrungen für alle zugänglich werden. Daneben wird sich eine Expertengruppe bilden, die sich um das Erstellen eines übergreifenden Präventionsleitfadens kümmert. Ergänzt wird die Arbeit um eine Forschungsgruppe, die auf wissenschaftlicher Basis das Thema weiter begleitet.

 

Bereits am kommenden Freitag, 2. Juli, wird die erste Arbeitsgruppe tagen. Dann sind vom Beschluss zur Landesinitiative bis zum ersten intensiven Arbeitstreffen nicht einmal vier Wochen vergangen.

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